Roter Australian Cattle Dog sitzt auf einem Schotter-Untergrund und grinst von unten in die Kamera

Was darf die Gesundheit meines Hundes kosten?

Das Internet ist voll mit Meldungen dazu: Ab dem 22. November 2022 wird der Tierarztbesuch teurer – und zwar erheblich. Deshalb wird allseits eindringlich geraten, eine Tierkrankenversicherung abzuschließen oder ein Sparbuch für den Hund anzulegen. Die Aufregung ist groß („Die Tierheime werden überlaufen!“) und es wird befürchtet, dass manch einer künftig die medizinische Versorgung seines Hundes auf ein Minimum beschränken wird.

Ein teurer Spaß

Nun sind die Tierheime ohnehin schon voll mit den berüchtigten „Corona-Hunden“, die unbedacht angeschafft und dann irgendwie überflüssig oder zu anstrengend wurden. Die tierärztliche Versorgung ist in manchen Fällen schon hinten angestellt, weil die Energiekosten immens gestiegen sind und niemand im Winter ohne Heizung dasitzen kann. Selbst das Hundefutter ist deutlich teurer geworden (die steigenden Energiekosten...).

Und jetzt kommt auch noch die Erhöhung der GOT (Gebührenordnung für Tierärzte). Die längst überfällig war, weil… – darüber wurde bereits an vielen Orten ausführlich geschrieben und diskutiert. Ebenso über die Tatsache, dass Notdienste wegfallen und Kliniken ihren Klinikstatus aufgegeben haben. Alles in allem jedenfalls keine rosigen Aussichten für uns Hundehalter, auch wenn diese Erhöhung mehr als gerechtfertigt ist.

Die berühmte „hohe Kante“

Die Idee einer Krankenversicherung für den Hund ist prinzipiell großartig. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass man bei den meisten Versicherungen in Vorleistung gehen muss – das Geld muss also trotzdem erst einmal irgendwie da sein. Je nach Alter, Rasse und möglicherweise bestehenden Vorerkrankungen des Hundes kann es schwierig bis unmöglich sein, einen Vertrag zu bekommen. Und der Vertrag kann seitens der Versicherung auch einfach gekündigt werden.

Also doch lieber das Sparbuch? Wenn ein solider Grundbetrag vorhanden ist, der monatlich gut aufgestockt werden kann, ist das eine Möglichkeit. Aber: Im Falle eines Unfalls, Notfalls oder einer größeren Operation sind ruckzuck mehrere tausend Euro auf einen Schlag weg. Die Idee, jeden Monat einen „Hunni“ oder zwei beiseite zu legen, ist niedlich – mehr aber auch nicht. Das funktioniert nur bei einem größeren Betrag und wenn der Hund einige Jahre lang keine nennenswerten Kosten verursacht.

Urlaub oder Tierarzt?

Diejenigen, die schon erlebt haben, welche Kosten der vierbeinige Freund in nullkommanix verursachen kann, sind nach Möglichkeit schon vorbereitet. Aber auch hier wird man sich vielleicht künftig fragen, ob der Tierarztbesuch denn wirklich sein muss oder man nicht erst einmal abwartet, ob die kleine Beule nicht wieder von selbst verschwindet. Hätte meinen Hund übrigens das Leben gekostet, als er noch nicht einmal fünf Jahre alt war.

Umgekehrt habe ich in knapp 30 Jahren tausende (!) von Euro in Diagnostik gesteckt, die gar kein oder kein eindeutiges Ergebnis gebracht hat. Das war meist unbefriedigend, selten erfreulich und in einigen Fällen vielleicht sogar überflüssig. Würde ich es wieder tun? Ja. Denn mehr als einmal hat dieses Vorgehen das Leben eines meiner Hunde gerettet oder zumindest verbessert. Dann fällt eben der Urlaub zum x-ten Mal in Folge aus und ins Restaurant oder Theater gehen wir sowieso nicht.

Sparen am falschen Ende kostet!

Würde ich von jedem Hundehalter erwarten, dass er/sie auf Dinge verzichtet, um den Hund medizinisch versorgen zu lassen? Definitiv ja. Wir tragen die Verantwortung für das lebenswerte (!) Leben unserer Hunde – mit allen Konsequenzen. Doch was ist mit denjenigen, die sich das trotz aller Sparmaßnahmen am eigenen Leib nicht leisten können? Die ihren Hund nicht mal eben ins MRT stecken lassen oder beim Spezialisten vorstellen können?

Ich kann diese Frage nicht beantworten und es kann jeden von uns treffen. Niemand kann vorhersehen, was die Zukunft bereithält und jedes Leben kann eine unerwünschte Wendung nehmen. Fakt ist: Rechtzeitige Diagnostik spart immer Geld – denn wenn der Hund erst einmal zum Notfall geworden ist, wird es richtig teuer. Sie erspart aber vor allem Leid, das der Hund aushalten muss, wenn er nicht beizeiten adäquat behandelt wird.

Damals war NICHT alles besser.

Die Möglichkeiten, welche die moderne Tiermedizin mittlerweile bietet, sind gigantisch. Vor rund 20 Jahren gab es innerhalb Deutschlands genau zwei Gelegenheiten, den Hund ins CT zu schicken. Heute sind Kliniken und auch etliche größere Praxen mit entsprechenden Geräten ausgestattet. Das erleichtert vieles ungemein, gleichzeitig steigt aber der Erwartungsdruck an die Hundehalter, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen, um den Hund bestmöglich zu versorgen.

Bevor die vielfältigen diagnostischen Möglichkeiten zur Verfügung standen, wurde fast ausschließlich symptomatisch behandelt: Es gab es eine Spritze für den Hund und vielleicht noch ein paar Tabletten, man wurde nach Hause geschickt und gebeten, wiederzukommen, wenn keine Besserung eintrat. Da war der Besuch beim Tierarzt selten ein Grund, anschließend von trocken Brot zu leben. Doch keiner meiner Hunde wäre damals alt geworden…

Die Selbstverständlichkeit der Dinge

Ich bin glücklich darüber, dass ich fast meine gesamte Zeit mit Hunden schon in den Genuss der immer moderner werdenden Tiermedizin kam. Heute ist in Sachen Prophylaxe, Diagnostik und Versorgung nahezu alles möglich. Und damit auch der Anspruch vieler Tierbesitzer an die Tiermedizin gestiegen. Umso mehr schmerzt es mich, dass diese Möglichkeiten aufgrund der damit einhergehenden Kosten zu wenig ausgeschöpft und in Zukunft vielleicht sogar noch seltener genutzt werden.

Daran sind jedoch nicht die Tierärzte Schuld, die künftig höhere Rechnungen ausstellen. Der Anspruch auf Machbarkeit darf auf beiden Seiten gestellt werden. Wenn das bedeutet, finanzielle Einschränkungen auf sich zu nehmen (ohne sich selbst oder anderen damit zu schaden), sollte das für jeden Hundehalter selbstverständlich sein. So selbstverständlich, wie uns unsere Hunde jeden Tag aufs Neue ihr Vertrauen schenken, ihre Fähigkeiten in unsere Dienste stellen und unser Leben einfach besser machen.