Kleiner, grau-beiger Terriermix rennt fröhlich über eine gemähte Sommerwiese

Dem Schmerz auf der Spur: Der hundegerechte Haushalt und Alltag für vierbeinige Arthrosepatienten (Teil 3)

Nachdem nun das Rätsel um Rins „Befindlichkeiten“ geklärt und ihr bis dahin gut gehütetes Geheimnis – ihre Arthrosen – mittels Röntgen gelüftet ist, stellt sich die Frage: was nun?
Da Rin auf die Schmerzmittelgabe schon beim ersten Mal sehr gut angesprochen hat, war von Anfang an klar, dass sie auch weiterhin Schmerzmittel erhalten soll. Wie bereits im ersten und zweiten Teil der Artikelreihe erwähnt, erzielten die Medikamente sehr schnell eine enorme Verbesserung im Allgemeinbefinden. Rin zeigt wieder deutlich mehr Aktivität und vor allem Lebensfreude – das soll auch weiterhin möglichst lange so bleiben. Schmerzmedikamente sind dabei zwar der wichtigste Anteil an der Therapie, aber es gibt viele weitere, zusätzliche (!) Möglichkeiten, um ein Plus an Lebensqualität zu erzielen.

Die nachfolgend aufgeführten Ansätze und Ideen lassen sich sicher nicht immer und nicht für jeden Hund (oder Halter) umsetzen. Sie sind aber auch nicht als „Gesamtpaket“ gedacht – oft reichen schon wenige Maßnahmen aus, um dem Hund den Alltag und damit das Leben als Arthrosepatient zu erleichtern. Selbst kleine Veränderungen im Umfeld des Hundes können viel bewirken, manches lässt sich improvisieren und es muss nicht unbedingt teures Zubehör angeschafft werden, um eine Verbesserung zu erreichen. Wichtig ist das Augenmerk für kritische Stellen oder Situationen, die im eigenen Haushalt und Alltag relevant sein können.

Rutschfeste Unterlagen

Parkett, Laminat, glatte PVC- oder Steinböden und ähnliche Bodenbeläge bieten den Hundepfoten wenig Halt – da macht schon ein junger, gesunder Hund bisweilen unfreiwillig Spagat. Für einen von Arthrose oder Rückenproblemen geplagten Hund sind diese Oberflächen aber richtig unangenehm. An allen relevanten Stellen (z.B. Kurven, die der Hund eilig nimmt, wenn es an der Tür klingelt) sollten daher rutschfeste Matten liegen. „Rutschfest“ bedeutet: der Hund kann nicht darauf ausgleiten und die Unterlage selbst verrutscht ebenfalls nicht.
Muss der Vierbeiner (allein oder mit Unterstützung) Treppen überwinden, sollten auch hier rutschhemmende Stufenmatten zum Einsatz kommen.

Treppengitter

Diese Gitter sind ideal, um den Hund daran zu hindern, mehrfach täglich die Treppen im Haus hinauf und hinunter zu stolpern – oder den Besitzer davor zu bewahren, den hinterhertrottenden Hund immer wieder zurücktragen zu müssen. Auch tüddelige Hundesenioren können damit vor Abstürzen bewahrt werden, z.B. beim nächtlichen Umherwandern.

Tragehilfen

Damit ein großer Hund mit Handicap eine Treppe bewältigen kann, kommt eine Tragehilfe zum Einsatz. Die gibt es in verschiedenen Größen zu kaufen, zur Not kann aber auch kurzfristig mit einem oder zwei Handtüchern improvisiert werden. Dazu ein großes Badetuch unter dem Bauch des Hundes durchziehen, über dem Rücken zusammenfassen, gut festhalten und den Hund damit führen/unterstützen.
Kleine Hunde können auf der Treppe häufig getragen werden – dabei ist jedoch darauf zu achten, dass das für den Hund bequem und anatomisch gerecht geschieht. Und bitte keinesfalls den Zwerg ohne Vorankündigung einfach hochheben und wegtragen! Auch diese passive Art der Fortbewegung sollte geübt werden, damit der Hund nicht eventuell aus Gegenwehr zappelt (oder gar beißt).

Auf- und Abstieghilfe

Darf der Hund aufs Sofa oder ins Bett, kann man ihm eine Treppe oder Stufe zum Erreichen dieser Plätze anbieten. Wenn der Weg dorthin bisher im Sprung genommen wurde, sollte man das langsame (!) Nutzen der Treppe mit dem Vierbeiner aber definitiv einüben.
Dasselbe gilt beim Auto: es gibt verschiedene Rampen als Einstiegshilfe und auch hier sollte der Hund mit der Nutzung vertraut gemacht werden, damit der die Rampe angstfrei und langsam begehen kann.

Transport

Während der Fahrt im Auto ist es für den Hund angenehmer, wenn er einen begrenzten Raum um sich hat (z.B. Hundebox oder Bett mit hohem Rand), damit er Kurvenbewegungen nicht selbst ausbalancieren muss. Bei längeren Fahrten sind dann Pausen wichtig, damit sich der Hund wieder strecken kann. Bei längeren Wartezeiten im Auto (es versteht sich von selbst: niemals bei warmen Temperaturen!) sollte der Vierbeiner bequem liegen können und in der kalten Jahreszeit gegen Auskühlen geschützt sein (Mantel, Wärmeunterlage).

Liegeplätze

Mit schmerzenden Gelenken (oder Rücken) ist ein bequemer Liegeplatz besonders wichtig – besser noch sind mehrere Plätze mit den vom Hund bevorzugten Eigenschaften: liegt er lieber kuschelig-weich oder auf festen Unterlagen? Die Unterlage sollte dem Gewicht des Hundes angepasst sein: eine plüschige Oberfläche oder eine zu weiche Matratze nutzt als dämpfende Unterlage gar nicht, wenn die Knochenpunkte (z.B. Ellbogen, Hüfte) durchsinken und dann trotzdem auf hartem Untergrund aufliegen.
Mindestens eine Liegefläche sollte groß genug sein, dass der Hund sich auch ausgestreckt ablegen kann. Selbst Hunde, die sonst nur eingerollt und fest zusammengekringelt geschlafen haben, können – z.B. aufgrund von Rückenproblemen – größere Hundebetten bevorzugen.
Die Liegeplätze sollen frei von Zugluft und leicht zugänglich sein. Betten mit rundum erhöhtem Rand können eine böse Stolperfalle für den Hund werden.

Fütterung

Für Senioren und/oder rückenkranke Hunde sollten Futter- und Wassernapf grundsätzlich erhöht stehen. Für die stressfreie Nahrungsaufnahme ist auch hier ein rutschfester Untergrund wichtig: die meisten Hunde neigen dazu, ihr Futter hastig zu schlingen, wenn sie während des Fressens auch noch wegrutschende Gliedmaßen unter Kontrolle behalten müssen. Ist der Hund bereits stark in seinem Bewegungsradius eingeschränkt, sollten mehrere Wassernäpfe in jeweils leicht erreichbarer Nähe der Liegeplätze aufgestellt werden: Zugang zu frischem Wasser muss immer gewährleistet sein.
Ganz wichtig: Gewichtskontrolle! Rücken und Gelenke werden mit jedem bisschen zu viel auf den Rippen einer zusätzlichen Belastung ausgesetzt. Hier gilt wirklich: je schlanker/leichter, desto besser! Bei einem schlanken Hund mit 10 kg Köpergewicht stellen schon 500 g „drüber“ eine Gewichtszunahme von 5 % dar. Diese heimlichen Pölsterchen schummeln sich leider verflixt schnell dazu, wenn der Vierbeiner durch gesundheitliche Probleme in der Bewegung eingeschränkt ist.

Bekleidung

Den einen oder anderen Hundebesitzer mag es Überwindung kosten – aber es geht nichts über eine wärmende und schützende Hülle für Senioren, Rücken- und Arthrosepatienten. Ein Regenmantel verhindert das Durchnässen des Fells und damit Wärmeentzug, ein wattierter Mantel schützt vor frostigen Temperaturen. Bei Rückenproblemen soll der Mantel den Rücken vollständig (!) bedecken und je nach Schmerzlokalisation können Mäntel mit Ärmeln/Beinen nützlich sein (Ellbogen- oder Knie-Arthrosen). Auch ein „Schlafanzug“ kann sinnvoll sein, wenn es nachts in der Wohnung kalt wird, denn frierend ist auch für unsere Vierbeiner erholsames Schlafen unmöglich.
Die Bekleidung sollte den Hund nach Möglichkeit nicht in der Bewegung einschränken. Meiner Erfahrung nach ist es leider gar nicht so einfach, ein wirklich gut sitzendes Modell für den jeweiligen Körperbau zu finden, aber hier lohnt es sich wirklich, notfalls ein paar Euro mehr auszugeben.

Geschirr/Halsband

Grundsätzlich ist ein Brustgeschirr besser für einen Leinenspaziergang geeignet, als ein Halsband – vor allem bei etwas instabileren Patienten. Vorausgesetzt natürlich, dass das Geschirr wirklich perfekt sitzt, nicht drückt oder scheuert und den Hund auch nirgends in der Bewegung einschränkt. Norweger- oder Sattelgeschirre mögen verlockend sein, weil sie diesen praktischen „Griff“ haben – aber gerade diese Geschirre sind ungeeignet: einerseits behindern sie die freie Bewegung des Oberarms und andererseits bieten sie durch den relativ weit vorne liegenden Bauchgurt wenig Stabilität, wenn ich den Hund unterstützen/halten will.
In manchen Fällen (z.B. massive Arthrose in den Schultergelenken) kann ein breites, weich gepolstertes Halsband tatsächlich die bessere Wahl sein.

Bewegung

„Wer rastet, der rostet.“ – kein Sprichwort trifft das Schicksal eines Arthrosepatienten besser. Um die Gelenkflüssigkeit trotz der immer wieder auftretenden entzündlichen Prozesse, die eine Arthrose mit sich bringt, möglichst geschmeidig zu halten, ist regelmäßige Bewegung unabdingbar. Die Gelenkflüssigkeit versorgt den Gelenkknorpel mit lebenswichtigen Nährstoffen und diese Versorgung erfordert einen gleichmäßigen Wechsel aus Druck und Entlastung: Bewegung. Die meisten Arthrosepatienten sind mit kürzeren und dafür häufigeren Spaziergängen besser bedient; lange Strecken, schwieriges Gelände, abrupte Starts und Stopps (Ballwerfen!) sind nichts für sie. Faustregel: Wenn der Hund auf dem Rückweg deutlich schlechter läuft, als auf dem Hinweg, war es zu viel. Das kann je nach Tagesform oder wetterabhängig unterschiedlich sein und ist immer individuell zu betrachten.

Physiotherapie für Hunde

Bei einer chronischen Erkrankung des Bewegungsapparates ist Physiotherapie die effektivste Möglichkeit, Schmerzen zu lindern, Beweglichkeit zu erhalten (oder wieder herzustellen) und dem Hund ein Stück Lebensqualität zurückzugeben. Selbst bei unklaren Problemen kann häufig eine deutliche Besserung des Befindens erreicht werden. Idealerweise wird die regelmäßige Behandlung in der Hundephysio-Praxis durch ein kleines „Hausaufgabenprogramm“ ergänzt, das sich leicht in den Alltag integrieren lässt. Auch wenn es mittlerweile einiges an Literatur (und unzählige YouTube-Videos…) zum Thema gibt, ist es ratsam, sich von einer/einem qualifizierten Hundephysiotherapeut/in individuelle Übungen oder Massagegriffe für den eigenen Hund zeigen zu lassen und diese dann auch zuerst unter Anleitung umzusetzen.

Gymnastizierung

Damit ist kein Hunde-Yoga und auch keine spezielle Turnübung gemeint (die gibt es in der Physio-Praxis) – es geht darum, z.B. den Spaziergang zur gezielten Kräftigung des Bewegungsapparates und zur Schulung der Koordination zu nutzen. Je nach Mobilität des Hundes kann das langsame Gehen über Wurzeln im Wald, Waten im knietiefen Wasser, das Balancieren, Sitzen oder Liegen auf einem gefällten Baum oder eine Leckerchensuche am Wiesenhang eine recht effektive Trainingseinheit darstellen. Was davon für den eigenen Hund geeignet und umsetzbar ist, sollte am besten zuvor mit dem/der Physiotherapeut/in abgesprochen werden.

Schwimmen

Dass die Fortbewegung im Wasser besonders gelenkschonend ist, dürfte sich herumgesprochen haben. Schwimmen ist prima für den Muskelaufbau und die Entlastung der Gelenke – doch auch hier gibt es ein paar Dinge zu beachten. Sowohl Wasser als auch Außentemperatur sollten nicht zu kalt sein und der Hund nach dem Schwimmen gut abgetrocknet und warm gehalten werden, denn ein Auskühlen kann zum Entstehen einer sogenannten Wasserrute (auch Cold Tail Syndrome genannt) führen. Die meisten Hunde, vor allem aber die Rückenpatienten, profitieren übrigens vom Tragen einer Schwimmweste. Damit liegen sie schön waagerecht im Wasser und können sich entspannt bewegen, ohne sich selbst an der Oberfläche halten zu müssen. Kann ich nicht gemeinsam mit dem Hund ins Wasser, sollte eine lange Leine am Hund befestigt sein, damit ich ihn im Notfall schnell wieder „herausfischen“ kann (vor allem an fließenden Gewässern!).

Aufgaben

Ein gewisses Maß an Aktivität ist – selbstverständlich neben ausreichend Ruhe und Erholung – ein wichtiges Mittel, um den Hund nicht nur körperlich, sondern auch geistig fit zu halten. Körperliche Einschränkungen, die damit einhergehenden Schmerzen und daraus resultierend fehlende Anforderungen können auch bei Hunden zu Depressionen führen. Hier ist eine gesunde Balance zwischen lösbaren Aufgaben, geistiger und körperlicher Anstrengung im Rahmen des Möglichen und Erholungsphasen besonders wichtig.

Nasenarbeit

Hat der Hund schon in jüngeren Jahren bzw. im gesunden Zustand in irgendeiner Form Nasenarbeit kennengelernt, bin ich mit meinem Beschäftigungsprogramm fein raus – Schnüffeln geht eigentlich immer. Aber auch Oldies oder plötzlich körperlich eingeschränkte Hunde lassen sich mit etwas Phantasie und ein paar Tricks zu Hobbyschnüfflern fortbilden. Natürlich wird auch hier die Aufgabe den körperlichen Gegebenheiten des Hundes angepasst und eine passende Umgebung geschaffen.

Beschäftigung

Schon kleine Umstellungen können mehr Spaß in den Alltag bringen: Ich kann dem Hund einfach einen vollen Napf vor die Nase stellen – oder er darf sein Futter in der Wiese zusammenklauben, aus einer Schnüffelmatte puhlen oder aus dem Slow Feeder fummeln. Intelligenzspielzeuge sind eine tolle Sache und inzwischen in unglaublich vielen Variationen zu haben – aber auch ein Pappkarton, gefüllt mit zerknülltem Papier, Klopapierrollen und der Erlaubnis, das Ganze in Schnipselchen zu schreddern kann einen Hund zum Strahlen bringen. Die Suche nach dem Lieblingsspielzeug lässt sich drinnen und draußen gleichermaßen aufregend gestalten und es gibt noch zig weitere Möglichkeiten, mit denen man seinem Hund eine Freude bereiten kann.

Noch einmal zurück zum Thema „Schmerzmittel“

Wenn ein Hund trotz erfolgter Operation (so möglich und indiziert), bei nicht operablen Problemen und nach verschiedenen Behandlungsansätzen mit alternativen oder unterstützenden Therapien, z.B. Physiotherapie, Akupunktur, Futterzusätzen etc., keine deutliche (!) Verbesserung zeigt, ist es Zeit für Schmerzmedikamente vom Tierarzt. Es nutzt dem Hund rein gar nichts, wenn die „böse Chemie“ auf Biegen und Brechen umgangen wird und der Hund deshalb weiter leidet. Die Veterinärmedizin hält mittlerweile ein breit gefächertes Angebot an Schmerzmitteln verschiedener Wirkungsweisen parat. Darunter finden sich auch für Sonder- und Spezialfälle gut verträgliche Medikamente – nötigenfalls unter regelmäßiger Kontrolle der Blutwerte und mit zusätzlichem Management durch unterstützende Präparate.

Ich persönlich finde es dem Hund gegenüber schrecklich unfair, ihm eine wirkungsvolle Schmerztherapie durch Medikamente vorzuenthalten, weil diese unter Umständen und langfristig gesehen Organfunktionen beeinträchtigen könnten. Wenn der Punkt erreicht ist, an dem alternative Maßnahmen nicht mehr (ausreichend) greifen, gilt die alte Regel: Qualität vor Quantität. Es darf nicht darum gehen, den Hund möglichst viele Jahre am Leben zu erhalten – es geht um die Qualität SEINER ihm verbleibenden Lebenszeit. Und dass diese Qualität höher sein wird, wenn er schmerzfrei ist, dürfte jedem einleuchten.

Ende Teil 3 und damit Ende dieser Artikelserie.
Den ersten Teil zum Nachlesen findet ihr hier, den zweiten Teil hier.