Die „Buchstabenkrankheiten“ – Teil 3: Ostechondrosis Dissecans (OCD)
Auch bei der OCD handelt es sich um eine größtenteils erblich bedingte Erkrankung, die in den großen Gelenken auftreten kann. In der Regel sind schnell wachsende Hunde betroffen und Rüden dabei häufiger als Hündinnen. Die OCD entsteht durch eine Störung der sogenannten enchondralen Ossifikation: die Bildung von Knochenmaterial aus dem Knorpelgewebe. Knochenwachstum geschieht durch die stetige Umwandlung von Knorpel zu Knochen. Durch Einlagerung verschiedener Mineralien wird aus der weichen Knorpelzelle eine harte Knochenzelle.
Geschieht diese Umwandlung nicht, wird der Knorpel immer dicker und kann in der Folge nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden – das Knorpelgewebe stirbt ab. Weil das mechanische Beanspruchen des Knorpels durch die Bewegung des Gelenks Teile der abgestorbenen Knorpelschicht lösen kann, kommt es zu frei im Gelenk schwimmenden Knorpelstücken. Diese schädigen die bereits nicht mehr intakte Knorpelschicht des Gelenks weiter, sorgen für Entzündung, Schwellung sowie Lahmheitserscheinungen und führen rasch zu Arthrosen.
Am häufigsten tritt die OCD im Schultergelenk, Knie, Ellbogen und Sprunggelenk an den konvexen Gelenkflächen in Erscheinung. Oftmals liegt eine beidseitige Erkrankung der jeweiligen Gelenke vor, auch wenn der Hund nur auf einer Seite zu lahmen scheint. Da das Auftreten der OCD typischerweise mit dem Wachstum verbunden ist, erkranken Hunde meist zwischen dem vierten und siebten Monat. Auffällig und schließlich diagnostiziert wird die OCD jedoch im Regelfall erst etwa ein bis drei Monate später.
Wird keine gründliche Diagnostik betrieben, bleibt die Erkrankung lange unerkannt – mit schwerwiegenden Folgen für den betroffenen Hund. Steht der Verdacht auf OCD im Raum und ist der röntgenologische Befund negativ oder unklar, sollte hier im Interesse des Hundes definitiv eine Computertomografie zur Darstellung der Gelenke in Betracht gezogen werden. Im CT lassen sich auch kleine Teile abgesprengten Knorpels lokalisieren, die auf einem Röntgenbild unter Umständen nicht gefunden werden und zwischenzeitlich für schwere Gelenkschäden sorgen können.
Obwohl die Erblichkeit bei der OCD im Vordergrund steht, kann sie zusätzlich durch falsche Fütterung sowie zu starke körperliche Belastung während der Wachstumsphase begünstigt werden. Daher sollten wir besonders im Wachstum auf eine ausgewogene Ernährung und gemäßigte Bewegung achten. Erst wenn das Längenwachstum der großen Röhrenknochen vollständig abgeschlossen ist, kann grünes Licht für Sport und Trainingsbelastung gegeben werden.
Zu hohes Körpergewicht (auch „Welpenspeck“!) ist für die Gelenke grundsätzlich eine unnötige Belastung – im Falle der OCD ist Übergewicht jedoch ebenfalls ein Faktor, der zur Ausbildung dieser Erkrankung beitragen kann. Zudem kann ein hormonelles Ungleichgewicht (vor allem der Wachstums-, Schilddrüsen- und Geschlechtshormone) an der Entstehung der OCD beteiligt sein.
Fazit und Zusammenfassung zu den „Buchstabenkrankheiten“
Wiederkehrende Lahmheit beim Junghund sollte Grund zur Sorge und immer Anlass für einen Besuch beim Tierarzt sein. Stellt sich nicht innerhalb kurzer Zeit dauerhaft Besserung ein, wird es Zeit für weitere diagnostische Maßnahmen und das Aufsuchen eines Spezialisten für Orthopädie. Noch immer werden Hüftgelenksdysplasie, Osteochondrosis dissecans und Ellbogendysplasie erst spät oder gar zufällig diagnostiziert.
Gerade im Wachstum darf nicht viel Zeit mit Abwarten und Aussitzen des Problems verschwendet werden: Erstens leidet der Hund unter Schmerzen und diese können das Verhalten des jungen Hundes unter Umständen für sein ganzes Leben prägen. Zweitens können HD, ED und OCD schwere Arthrosen nach sich ziehen und damit die Lebensqualität des Hundes massiv beeinträchtigen. Nur rechtzeitiges Handeln und ggf. Operieren können hier Leid vermeiden und für halbwegs positive Aussichten auf die Zukunft sorgen.
Die „Buchstabenkrankheiten“ weisen einen hohen erblichen Faktor auf. Daher ist es besonders wichtig, gerade in der Zucht großen Wert auf gesunde Gelenke zu legen. Betroffen sind jedoch keineswegs nur Rassehunde – HD, ED und OCD treten bei Mischlingen ganz genauso auf.
Die Kosten, welche durch gründliche Diagnostik und unter Umständen notwendige Operationen entstehen, mögen den einen oder anderen Hundehalter abschrecken – hier muss jedoch immer das Wohl des Hundes im Vordergrund stehen! Außerdem werden die Ausgaben für Schmerzbehandlung (Medikamente, dadurch notwendige Blutbildkontrollen, Physiotherapie, Futterzusätze etc.) deutlich früher und höher zu Buche schlagen – man „spart“ also kein Geld...